Eine juristische Person kann unmittelbar aus Art. 15 DSGVO keine Rechte ableiten

Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs bestehen keine Zweifel daran, dass gemäß Art. 1 Abs. 1 und 2 DSGVO juristische Personen keine Rechte aus der Datenschutz-Grundverordnung ableiten können, sondern lediglich die dahinterstehenden, betroffenen (natürlichen) Personen.

Eine GmbH führte vor dem Finanzgericht (FG) des Saarlandes ein Klageverfahren gegen ein Finanzamt wegen Umsatzsteuer 2011 bis 2014. In der Klageschrift beantragte die Klägerin, das Finanzgericht möge ihr nach Art. 15 Abs. 1 i. V. m. Art. 15 Abs. 3 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) Auskunft über personenbezogene Daten in Form der Überlassung vollständiger Kopien, einschließlich Notizen und Vermerke, aus den Gerichtsakten, den Verwaltungsakten des Finanzamtes, den Rechtsbehelfsakten des Finanzamtes und gegebenenfalls vorliegender weiterer Beiakten erteilen.

Nachdem die Klägerin von der ihr durch das Finanzgericht eingeräumten Möglichkeit der Akteneinsicht nach § 78 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) keinen Gebrauch gemacht und vorgetragen hatte, dass sie sich zunächst nicht auf § 78 FGO berufe, sondern auf Art. 15 DSGVO, wies das FG den Antrag zurück.

Das FG hat der hiergegen gerichteten Beschwerde nicht abgeholfen. Auch die Beschwerde beim Bundesfinanzhof blieb erfolglos.

Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs hat das Finanzgericht zu Recht entschieden, dass der Klägerin besondere, über § 78 FGO hinausgehende Rechte in Form der Überlassung vollständiger, elektronischer Kopien, einschließlich Notizen und Vermerke, aus den Gerichtsakten, den Verwaltungsakten des FA, den Rechtsbehelfsakten des FA und gegebenenfalls vorliegender weiterer Beiakten zu erteilen, im anhängigen finanzgerichtlichen Verfahren nicht zustehen. Art. 15 Abs. 1 Halbsatz 2, Abs. 3 DSGVO komme als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht.

Die Datenschutz-Grundverordnung enthält nach deren Art. 1 Abs. 1 und 2 nur Vorschriften zum Schutze natürlicher Personen. Sie erfasst nicht die Daten, die juristische Personen betreffen. Als betroffene Personen kommen daher nur natürliche Personen in Betracht (vgl. Art. 4 Nr. 1 DSGVO). Im Erwägungsgrund 14 der DSGVO heißt es hierzu, dass die Datenschutz-Grundverordnung nicht für die Verarbeitung personenbezogener Daten juristischer Personen und insbesondere als juristische Person gegründeter Unternehmen, einschließlich Name, Rechtsform oder Kontaktdaten der juristischen Person, gilt. Dementsprechend betont der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Urteil vom 10.12.2020 (C-620/19, EU:C:2020:1011, Rz 41), dass der Begriff „Informationen, die sich auf Körperschaften beziehen“ streng von dem unionsrechtlich definierten Begriff der personenbezogenen Daten natürlicher Personen zu unterscheiden ist. Das Recht natürlicher Personen auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten ist ein Grundrecht, das durch Art. 8 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union garantiert wird. Dagegen werden Informationen, die juristische Personen betreffen, im Unionsrecht nicht in vergleichbarer Weise geschützt.

Fundstelle: Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 08. Februar 2024, IX B 113/22 – abrufbar im Internet unter https://www.bundesfinanzhof.de/de/entscheidung/entscheidungen-online/detail/STRE202450030/