Das Vereinigte Königreich gilt datenschutzrechtlich als sicheres Drittland

Die Europäische Kommission hat am 28. Juni 2021 zwei Angemessenheitsbeschlüsse angenommen, wonach im Vereinigten Königreich ein Schutzniveau für personenbezogene Daten gilt, das dem in der EU garantierten Schutzniveau gleichwertig ist.

Die Kommission hatte am 19. Februar zwei Entwürfe von Angemessenheitsbeschlüssen veröffentlicht und das Verfahren zu ihrer Annahme eingeleitet. In den darauffolgenden Monaten hat die Kommission die Rechtsvorschriften und die Praktiken des Vereinigten Königreichs auf dem Gebiet des Schutzes personenbezogener Daten einschließlich der Bestimmungen über den Datenzugriff von Behörden im Vereinigten Königreich bewertet. Die Kommission stand dabei in engem Kontakt mit dem Europäischen Datenschutzausschuss, der seine einschlägige Stellungnahme am 13. April abgegeben hat, mit dem Europäischen Parlament und mit den Mitgliedstaaten. Nach dieser Prüfung holte die Europäische Kommission im Rahmen des sogenannten Ausschussverfahrens die Zustimmung der Vertreter der Mitgliedstaaten zu den beiden Angemessenheitsbeschlüssen ein.

Der eine Angemessenheitsbeschluss betrifft die Datenschutz-Grundverordnung, der andere die Richtlinie zum Datenschutz bei der Strafverfolgung. Die beiden Angemessenheitsbeschlüsse sollen zudem die ordnungsgemäße Umsetzung des Handels- und Kooperationsabkommens zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich erleichtern, welches den Austausch personenbezogener Daten (beispielsweise im Rahmen der justiziellen Zusammenarbeit) vorsieht. Das Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich enthält eine Selbstverpflichtung der EU und des Vereinigten Königreichs zur Aufrechterhaltung hoher Datenschutzstandards. Das Abkommen sieht zudem vor, dass jede im Zuge seiner Umsetzung durchzuführende Datenübermittlung im Einklang mit den maßgeblichen Datenschutzvorschriften der übermittelnden Vertragspartei (im Falle der EU sind dies die DSGVO und die Richtlinie zum Datenschutz bei der Strafverfolgung) stehen müssen.

Beide Angemessenheitsbeschlüsse enthalten Garantien für den Fall etwaiger künftiger Abweichungen, darunter eine Verfallsklausel, durch die ihre jeweilige Geltungsdauer auf vier Jahre begrenzt wird. Außerdem sind Datenübermittlungen für die vom Vereinigten Königreich praktizierte Einwanderungskontrolle vom sachlichen Geltungsbereich des im Rahmen der DSGVO angenommenen Angemessenheitsbeschlusses ausgenommen.

Wichtigste Elemente der Angemessenheitsbeschlüsse sind:

  • Das Datenschutzsystem des Vereinigten Königreichs basiert weiterhin auf denselben Regeln, die galten, als das Vereinigte Königreich noch Mitgliedstaat der EU war. Das Vereinigte Königreich hat die Grundsätze, Rechte und Pflichten der DSGVO und der Richtlinie zum Datenschutz bei der Strafverfolgung vollumfänglich in sein heutiges, seit dem Brexit geltendes Rechtssystem übernommen.
  • In Bezug auf den Zugriff auf personenbezogene Daten durch Behörden im Vereinigten Königreich (insbesondere aus Gründen der nationalen Sicherheit) sieht das System des Vereinigten Königreichs starke Garantien vor. Insbesondere die Datenerhebungen durch Nachrichtendienste unterliegen der vorherigen Genehmigung durch ein unabhängiges Rechtsorgan. Alle Maßnahmen müssen notwendig und im Hinblick auf das verfolgte Ziel verhältnismäßig sein. Wer sich unrechtmäßiger Überwachungsmaßnahmen ausgesetzt sieht, kann Klage beim Investigatory Powers Tribunal (Gericht für Ermittlungsbefugnisse) einreichen. Das Vereinigte Königreich unterliegt zudem der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der Europäischen Menschenrechtskonvention und dem Übereinkommen des Europarats zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten, dem einzigen verbindlichen internationalen Übereinkommen auf dem Gebiet des Datenschutzes. Diese völkerrechtlichen Verpflichtungen sind ein wesentlicher Bestandteil des in den beiden Angemessenheitsbeschlüssen bewerteten Rechtsrahmens.
  • Die Angemessenheitsbeschlüsse enthalten erstmals eine Verfallsklausel, durch die ihre Geltungsdauer strikt begrenzt wird: Beide Beschlüsse laufen vier Jahre nach ihrem Inkrafttreten aus. Danach könnten sie erneuert werden, falls das Vereinigte Königreich weiterhin ein angemessenes Datenschutzniveau sicherstellt. Während dieser vier Jahre wird die Kommission die Rechtslage im Vereinigten Königreich weiterhin im Blick behalten und jederzeit eingreifen können, falls das Vereinigte Königreich von dem derzeit bestehenden Datenschutzniveau abweicht. Sollte die Kommission beschließen, die Angemessenheitsbeschlüsse zu erneuern, würde der Annahmeprozess erneut eingeleitet.
  • Datenübermittlungen für die vom Vereinigten Königreich praktizierte Einwanderungskontrolle sind vom sachlichen Geltungsbereich des im Rahmen der DSGVO angenommenen Angemessenheitsbeschlusses ausgenommen, um einer unlängst ergangenen Entscheidung des Berufungsgerichts von England und Wales über die Gültigkeit und die Auslegung bestimmter Einschränkungen der Datenschutzrechte in diesem Bereich Rechnung zu tragen. Sobald diese Situation nach dem Recht des Vereinigten Königreichs geklärt ist, wird die Kommission die Notwendigkeit dieses Ausschlusses neu prüfen.

Fundstelle: Pressemitteilung „Datenschutz: Kommission nimmt Angemessenheitsbeschlüsse zum Vereinigten Königreich an“ der Europäischen Kommission vom 28. Juni 2021 – abrufbar im Internet unter https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_21_3183