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Recht auf Widerspruch

Nach Art. 21 DSGVO haben betroffene Personen grundsätzlich ein allgemeines Widerspruchsrecht gegen eine an sich rechtmäßige Datenverarbeitung ihrer personenbezogenen Daten. Als Folge des Widerspruchs darf der Verantwortliche diese Daten zu diesen Zwecken nicht mehr verarbeiten, es sei denn, er kann einen zwingend schutzwürdigen Grund nachweisen, der die Interessen der betroffenen Personen überwiegt.

Auch wenn personenbezogenen Daten rechtmäßig verarbeitet werden, weil die Verarbeitung für die Wahrnehmung einer Aufgabe, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt – die dem Verantwortlichen übertragen wurde, – oder aufgrund des berechtigten Interesses des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, hat jede betroffene Person jederzeit das Recht, Widerspruch gegen die Verarbeitung der sich aus ihrer besonderen Situation ergebenden personenbezogenen Daten einzulegen.

Liegt eine der erwähnten drei Ausnahmegründe vor, ist die fortdauernde Verarbeitung durch den Verantwortlichen nicht zulässig, außer er kann

  • ­ zwingende schutzwürdige Gründe für die Verarbeitung nachweisen, die die Interessen, Rechte und Freiheiten der betroffenen Person überwiegen, oder
  • ­ die Verarbeitung dient der Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen.

Zeitpunktpunkt des Widerspruchs

Ein Widerspruch gegen die Verarbeitung personenbezogener Daten einer betroffenen Person kann jederzeit erfolgen, also auch bereits vor Beginn der Datenverarbeitung (z. B. bei der Datenerhebung). Dagegen ist ein Widerspruch gegen eine bereits beendete Datenverarbeitung weder möglich noch sinnvoll.

Form des Widerspruchs

Ein Widerspruch setzt ein aktives Handeln der betroffenen Person voraus. Diese Willenserklärung muss zwar gegenüber den Verantwortlich der Datenverarbeitung erfolgen, kann aber auch formlos geschehen.

Berechtigtes Interesse des Verantwortlichen oder eines Dritten

Der für die Verarbeitung Verantwortliche muss darlegen, dass seine zwingenden berechtigten Interessen Vorrang vor den Interessen oder Grundrechten und Grundfreiheiten der betroffenen Person haben (Erwägungsgrund 69 zur DSGVO).

Ein berechtigtes Interesse kann beispielsweise vorliegen, wenn eine maßgebliche und angemessene Beziehung zwischen der betroffenen Person und dem Verantwortlichen besteht, z. B. wenn die betroffene Person ein Kunde des Verantwortlichen ist oder in seinen Diensten steht (Satz 2 des Erwägungsgrundes 47).

Bei der Interessenabwägung müssen auch die allgemeinen Grundsätze aus Art. 5 Abs. 1 DSGVO berücksichtigt werden, also insbesondere:

  • ­ faire Verfahrensweise
  • ­ dem Verarbeitungszweck angemessen
  • ­ in einer für die betroffene Person nachvollziehbaren Weise (insbesondere Nennung der Quelle der Daten)1)

Diese Grundsätze sprechen jedenfalls dagegen, Profile zur werblichen Ansprache (Werbescores) zu erstellen, die z. B. Informationen aus sozialen Netzwerken berücksichtigen.

Eingriffsintensivere Maßnahmen wie Profilbildung sprechen eher dafür, dass ein Interesse der betroffenen Person am Ausschluss der Datenverarbeitung überwiegt. Unabhängig von der Interessenabwägung müssen die Informationspflichten nach den Art. 13, 14 DSGVO eingehalten werden.

Verarbeitung beruht auf Einwilligung

Das Widerspruchsrecht findet keine Anwendung, wenn die Verarbeitung auf eine Einwilligung beruht, wobei das Recht, die Einwilligung jederzeit zu widerrufen, zu einem ähnlichen Ergebnis führen kann.

Direktwerbung

Werden personenbezogene Daten für Zwecke der Direktwerbung verarbeitet, so kann die betroffene Person jederzeit unentgeltlich insoweit Widerspruch gegen eine solche – ursprüngliche oder spätere – Verarbeitung einschließlich des Profilings einlegen, als sie mit dieser Direktwerbung zusammenhängt (Erwägungsgrund 70).

Unter dem Begriff „Direktwerbung“ fällt nicht nur die kommerzielle Werbung, sondern auch das Werben für politische, soziale oder religiöse Zwecke. In jedem Fall muss aber die betroffene Person unmittelbar angesprochen werden.

Der Widerspruch gegen eine Direktwerbung muss nicht begründet werden.

Im Fall der Direktwerbung findet keine Interessenabwägung statt. Ein Widerspruch führt zu einem sofortigen Verarbeitungsstopp. Die personenbezogenen Daten dürfen für Werbezwecke nicht mehr verarbeitet, insbesondere verwendet werden.

Hinweis auf Widerspruchsrecht

Auf das Widerspruchsrecht ist der Betroffene spätestens zum Zeitpunkt der ersten Kommunikation „deutlich und getrennt“ von jeglicher anderer Informierung hinzuweisen, z. B. durch eine Hervorhebung des Widerspruchsrechts bei Datenschutzerklärungen.

Ausübung des Widerspruchsrecht mittels automatisierter Verfahren

Der Art. 21 Abs. 5 stellt klar, dass ein Widerspruch – analog zur Einwilligung – gegenüber Internetdiensten auch durch technische Spezifikationen (z. B. Browsereinstellungen) ausgeübt werden kann.

Verarbeitung zu wissenschaftlichen oder historischen Forschungszwecken oder zu statistischen Zwecken

Bei einer Verarbeitung zu wissenschaftlichen oder historischen Forschungszwecken bzw. zu statistischen Zwecken bedingt ein Widerspruch einen Verarbeitungsstopp, es sei denn, die Verarbeitung ist zur Erfüllung einer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe erforderlich. Dies muss vom Verantwortlichen glaubhaft dargelegt werden.

Einschränkungen

§ 36 BDSG schränkt das Recht auf Widerspruch gegenüber einer öffentlichen Stelle ein, soweit an der Verarbeitung ein zwingendes öffentliches Interesse besteht, das die Interessen der betroffenen Person überwiegt, oder eine Rechtsvorschrift zur Verarbeitung verpflichtet. Der § 36 BDSG setzt ein öffentliches Interesse des Verantwortlichen im Sinne des Art  23 Abs. 1 Buchst. e DSGVO voraus, welches im konkreten Einzelfall zwingend sein und Vorrang vor den Interessen der betroffenen Person haben muss. Darüber hinaus ist das Recht auf Widerspruch ausgeschlossen, wenn eine Rechtsvorschrift zur Verarbeitung verpflichtet. § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 4 BDSG enthalten spezifische Einschränkungen des Widerspruchsrechts für die Datenverarbeitung zu Forschungszwecken, statistischen Zwecken und im öffentlichen Interesse liegenden Archivzwecken.

Geldbuße

Bei einer gesetzeswidrigen Verweigerung des Widerrufsrechts drohen gemäß Art. 83 Abs. 5 Buchst. b DSGVO Geldbußen von bis zu 20 Mio. Euro oder im Fall eines Unternehmens von bis zu 4 % seines gesamten weltweit erzielten Jahresumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahrs verhängt, je nachdem, welcher der Beträge höher ist.

Fundstelle

1) Kurzpapier Nr. 3 „Verarbeitung personenbezogener Daten für Werbung“ der Datenschutzkonferenz – abrufbar im Internet beispielsweise unter https://www.datenschutzkonferenz-online.de/media/kp/dsk_kpnr_3.pdf