Schadensersatzpflicht aufgrund der Verwendung von Google Fonts auf der Webseite

Beim Aufruf einer Webseite, bei der extern die Schriftart „Google Fonts“ eingebunden ist, wird automatisch die IP-Adresse des Besuchers des Internetauftritts an Google übertragen.

Der Betreiber eines Internetauftritts hat bei der Gestaltung seiner Webseiten extern die Schriftart „Google Fonts“ eingebunden. Wird nun eine entsprechende Webseite aufgerufen, wird in der Regel automatisch die (dynamische) IP-Adresse des Besuchers an Google in die USA übertragen, ohne dass der Aufsuchende Kenntnis davon hat. Dagegen hatte ein Betroffener Klage erhoben.

Das Landgericht München I verurteilte daraufhin die Beklagte, es bei Meldung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, bei einem Aufruf einer von der Beklagten betriebenen Internetseite durch den Kläger dessen IP-Adresse durch Bereitstellung einer Schriftart des Anbieters Google (Google Fonts) dem Anbieter dieser Schriftart offenzulegen. Außerdem wurde dem Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 100 Euro zugesprochen. Dies erscheint auf dem ersten Blick als nicht allzu viel, dabei ist aber zu bedenken, dass dieses Schmerzensgeld von jedem Besucher der Webseite verlangt werden könnte, kommt schnell eine größere Summe zustande, die durchaus die Existenz eines Unternehmens gefährden könnte.

Nach Ansicht des Gerichts stellt die unerlaubte Weitergabe der dynamischen IP-Adresse des Klägers durch die Beklagte an Google eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes in Form des informationellen Selbstbestimmungsrechts nach § 823 Abs. 1 BGB dar. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung beinhaltet das Recht des Einzelnen, über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen.

Bei der an Google weitergegebenen dynamischen IP-Adresse handelt es sich nach Ansicht des Gerichts um ein personenbezogenes Datum im Sinne von § 12 Abs. 1 und 2 TMG (in der zum Übermittlungszeitraum geltenden Fassung), § 3 Abs. 1 BDSG, Art. 4 Nr. 1 DSGVO, denn der Webseitenbetreiber verfüge abstrakt über rechtliche Mittel, die vernünftigerweise eingesetzt werden könnten, um mithilfe Dritter, und zwar der zuständigen Behörde und des Internetzugangsanbieters, die betreffende Person anhand der gespeicherten IP-Adressen bestimmen zu lassen (BGH, Urteil vom 16.05.2017 - VI ZR 135/13). Dabei reiche es aus, dass für die Beklagte die abstrakte Möglichkeit der Bestimmbarkeit der Personen hinter der IP-Adresse besteht. Darauf, ob die Beklagte oder Google die konkrete Möglichkeit hat, die IP-Adresse mit dem Kläger zu verknüpfen, komme es nicht an.

Die automatische Weitergabe der IP-Adresse durch an Google sei ein nach dem Datenschutzrecht unzulässiger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers, da der Kläger unstreitig in diesem Eingriff nicht gemäß § 13 Abs. 2 TMG a. F., Art. 6 Abs. 1 a) DSGVO eingewilligt hat.

Es liege auch kein Rechtfertigungsgrund für den Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht vor. Ein berechtigtes Interesse der Beklagten i. S. d. Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO, wie von ihr behauptet, liege nicht vor, denn Google Fonts kann durch die Beklagte auch genutzt werden, ohne dass beim Aufruf der Webseite eine Verbindung zu einem Google-Server hergestellt wird und eine Übertragung der IP-Adresse der Webseitennutzer an Google stattfindet.

Der Kläger sei auch nicht verpflichtet, vor dem Aufrufen der Webseite der Beklagten seine eigene IP-Adresse zu verschlüsseln. Dies vom Kläger zu verlangen, würde dem Zweck des hier betroffenen Datenschutzrechtes, welches in erster Linie den Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten vor Beeinträchtigung bezweckt, zuwiderlaufen, sondern diesen vielmehr umkehren, da durch eine solche Verpflichtung der Rechteinhaber bei der Ausübung seiner schützenswerten Rechte eingeschränkt werden würde.

Fundstelle: Urteil des LG München I vom 20.01.2022 (3 O 17493/20) – abrufbar im Internet beispielsweise unter https://openjur.de/u/2384915.html