Verbot der Werbung per E-Mail ohne Einverständnis des Betroffenen

Versendet ein Unternehmen unerwünschte E-Mail-Werbung an ein anderes Unternehmen, ohne dass die Parteien in einem Wettbewerbsverhältnis stehen, kann der Empfänger einen Unterlassungsanspruch analog §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB auf einen rechtswidrigen Eingriff in seinen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb stützen.

Sachverhalt

Der Geschäftsführer der Klägerin hatte bei der Beklagten zwei Flüge für sich und eine weitere Person gebucht. Ob es sich dabei um eine Geschäftsreise handelte, ist zwischen den Parteien streitig.

Einige Tage später übersandte die Beklagte der Klägerin eine Werbe-E-Mail. Daraufhin wurde die Beklagte durch Anwaltsschreiben zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, Sperrung der E-Mail-Adresse für Werbung sowie zum Ausgleich der Abmahnkosten unter Fristsetzung aufgefordert.

In der Folge wurden zwei weitere Werbe-E-Mail an die Klägerin verschickt, woraufhin diese jeweils mit anwaltlichen Schreiben erneut zur sofortigen Unterlassung und Abgabe einer strafbewehrte Unterlassungserklärung aufforderte.

Zudem widersprach die Klägerin der Zusendung von Werbe-E-Mails auf einem von der Beklagten bereitgestellten Link. Trotzdem erhielt die Klägerin weiterhin Werbe-E-Mails, bevor ihre E-Mail-Adresse schließlich aus dem Verteiler der Beklagten entfernt wurde. Eine Unterlassungserklärung gab die Beklagte jedoch nicht ab. Daraufhin reichte die Klägerin Klage ein, da sie der Auffassung ist, dass sie von der Beklagten die Unterlassung der Zusendung von Werbe-E-Mails verlangen könne.

Aus den Entscheidungsgründen des Gerichts

Nach Ansicht des Landgerichts Paderborn steht der Klägerin ein Anspruch auf Unterlassung der Zusendung zukünftiger Werbe-E-Mails gem. §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB analog gegen die Beklagte zu.

Versendet ein Unternehmen unerwünschte E-Mail-Werbung an ein anderes Unternehmen, ohne dass die Parteien in einem Wettbewerbsverhältnis stehen, kann der Empfänger keinen unmittelbaren Unterlassungsanspruch aus § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG geltend machen. Ihm verbleibt aber die Möglichkeit, den sog. quasinegatorischen Unterlassungsanspruch analog §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB auf einen rechtswidrigen Eingriff in seinen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu stützen (vgl. BGH, Beschluss vom 20.05.2009, Az. I ZR 218/07 – E-Mail-Werbung II).

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung stellt die ohne wirksame Einwilligung an eine geschäftliche E-Mailadresse versandte Werbe-E-Mail einen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar (vgl. BGH, Urteil vom 14.03.2017, Az. VI ZR 721/15).

Das von der Beklagten veranlasste Zusenden von insgesamt 6 Werbe-E-Mails stellt einen rechtswidrigen Eingriff in das Recht der Klägerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar. Eine wirksame (ausdrückliche) Einwilligung der Klägerin ist weder ersichtlich, noch wird sie mit Substanz von der Beklagten behauptet.

Die bloße Verlinkung der Datenschutzhinweise, die wiederrum einen Verweis auf die Marketingaktivitäten der Beklagten nebst eines Hinweises auf einen Abmeldelink enthält, erfüllt nicht die Anforderungen an einen klaren und deutlichen Hinweis auf das Widerspruchsrecht bei Erhebung der Adresse. Es genügt nicht, dass die Beklagte in ihrer Datenschutzerklärung ausführt, dass die Kundendaten für Werbezwecke genutzt werden und sich der Empfänger von der E-Mail-Marketingkommunikation abmelden kann, insbesondere wenn dieser Hinweis - ohne textliche Hervorhebung - im Rahmen eines 26 Seiten umfassenden Schriftstücks enthalten ist (vgl. LG Berlin Urteil vom 16.11.2017 – 16 O 225/17, BeckRS 2017, 143465). Im Mindestfall hätte die Beklagte ein anklickbares bzw. ankreuzbares Kästchens („Ich widerspreche der Verwendung meiner persönlichen Daten zu Werbezwecken“) bereitstellen müssen. Erforderlich ist darüber hinaus auf jeden Fall aber auch die Benennung einer Kontaktadresse, an die ein zeitlich nach dem Vertragsschluss ausgesprochener Widerspruch zu senden ist (Postadresse, Telefon- oder Telefaxnummer, E-Mail-Adresse). Daran fehlt es jeweils.

Für den gesetzlich vorgeschriebenen Hinweis auf das Widerspruchsrecht war es auch nicht ausreichend, dass die Klägerin in jeder E-Mail, also bei Verwendung der klägerischen E-Mail-Adresse, auf die Abmeldung durch anklickbare Links verwiesen hat.

Letztlich kann aber dahinstehen, ob die Beklagte einen hinreichenden Werbehinweis gem. § 7 Abs. 3 Nr. 4 UWG erteilt hat, da das anwaltliche Schreiben jedenfalls als Widerspruch im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3 UWG gegen (weitere) Werbe-E-Mails zu verstehen war.

Die Verwendung der Adresse für die eigene Direktwerbung des Unternehmers ist ausgeschlossen, wenn der Kunde ihrer Verwendung zu Werbezwecken widersprochen hat.

Der Widerspruch gegen die Verwendung der elektronischen Postadresse zum Zwecke der Übersendung von Werbung nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 UWG ist formlos möglich und setzt nicht voraus, dass der Kunde selbst bestimmte Einstellungen im „Kundenverwaltungssystem“ des Unternehmens tätigt.

Hat der Beworbene einer Werbung mittels elektronischer Post wirksam i. S. d. § 7 Abs. 3 Nr. 3 widersprochen, so ergibt sich die Unzulässigkeit der Werbung, weil dem Unternehmer der entgegenstehende Wille des Beworbenen dann erkennbar ist.

Zudem stellt Art. 21 Abs. 3 DSGVO klar, dass nach Widerspruch gegen die Verarbeitung zu Zwecken der Direktwerbung, die Daten für diese Zwecke nicht mehr verarbeitet werden dürfen.

Der Verwender ist gehalten, den Widerspruch umgehend zu respektieren, d.h., dass die Umsetzung unverzüglich zu erfolgen hat. Diesem Maßstab hat die Beklagte nicht genügt. Nach dem Werbewiderspruch hat die Beklagte noch 5 (weitere) Werbe-E-Mails an die Klägerin versandt.

Die Beklagte kann sich auch nicht darauf zurückziehen, dass eine bereits angelaufene Werbeaktion nicht mehr gestoppt werden könne. Wenn durch die Betätigung des Abmeldelinks die Zusendung weiterer Werbe-E-Mails verhindert werden kann, dann muss dieses für die Beklagte nach Eingang des Widerspruchs erst recht – unverzüglich – möglich sein. Die durch die Beklagte zu Rate gezogene Orientierungshilfe der DSK zur Umsetzungsfrist des Werbewiderspruchs nach Art. 21 Abs. 3 DSGVO bezieht sich unzweifelhaft auf postalische Werbung und nicht auf den Versand von E-Mails.

Da die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 UWG nicht vorliegen und die Klägerin der Zusendung (weiterer) Werbe-E-Mails widersprochen hat, war im Unterlassungstenor auch keine Einschränkung dahingehend vorzunehmen, dass Bestandskundenwerbung grds. erlaubt ist.

Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr wird durch das festgestellte rechtsverletzende Verhalten der Beklagten indiziert. (vgl. BGH, Urteil vom 14.03.2017, Az. VI ZR 721/15). Die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung hat die Beklagte abgelehnt.

Fundstelle: Urteil des Landgerichts Paderborn, 2 O 325/23, vom 12.03.2024 – abrufbar im Internet unter https://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/paderborn/lg_paderborn/j2024/2_O_325_23_Urteil_20240312.html