Zulässige Speicherdauer einer Videoaufzeichnung

Personenbezogene Daten dürfen nicht länger gespeichert werden, als es für die Zwecke, für die sie verarbeitet wurden, erforderlich ist. In der Regel darf die Speicherdauer 72 Stunden nicht überschreiten. Danach sind die Daten zu löschen.

Sachverhalt

Die Klägerin wendet sich gegen die Anordnung der Beklagten (die Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen), die Speicherdauer von Videoaufzeichnungen ihres Gewerbes auf 72 Stunden zu beschränken.

Die Klägerin betreibt eine Selbstbedienungs-Tankstelle, welche 24 Stunden am Tag für jedermann zugänglich ist, und ein Ladengeschäft. An der Tankstelle kann ausschließlich mit Karte an einem zentralen Terminal bezahlt werden, eine Bezahlung mit Bargeld ist ausgeschlossen.

Aufgrund einer Anzeige forderte die Beklagte die Klägerin zur Auskunftserteilung auf. Die Klägerin erteilte die angeforderte Auskunft und teilte im Wesentlichen mit: Sie habe im Verkaufsladen, in dessen Außenbereich und im Bereich der SB-Tankstelle Kameras verbaut. Im Bereich der SB-Tankstelle komme es fünf bis sechs Mal im Jahr zu Sachbeschädigungen, teilweise mit Fahrerflucht.

Die Aufzeichnungen der Videoüberwachung würden auf einer Festplatte für etwa sechs bis acht Wochen gespeichert. Es handele sich um eine Ringspeicherung, bei der die Aufnahmen durch Überspielen mit neuen Aufzeichnungen gelöscht würden.

Die Beklagte wies die Klägerin darauf hin, dass die von ihr durchgeführte Videoüberwachung in der angezeigten Ausgestaltung teilweise - insbesondere im Hinblick auf die dargelegte Speicherdauer - datenschutzrechtlich unzulässig sei. Die automatisierte periodische Löschung durch Selbstüberschreibungen habe unter Berücksichtigung der arbeitsfreien Zeiten an den Wochenenden nach spätestens 72 Stunden zu erfolgen.

Die Klägerin teilte daraufhin mit, dass sie im Tankstellenbetrieb jährlich Beschädigungen in Höhe von 10.000,00 EUR feststellen müsse. Ebenfalls sei sie von Vandalismus und Einbruchsfällen betroffen. Den Videoaufzeichnungen komme im Hinblick auf diese Delikte eine entscheidende Funktion zu. Eine auf 72 Stunden reduzierte Speicherdauer sei unangemessen kurz. Sachgerecht sei eine vierzehntägige Zeitspanne.

Daraufhin teilte die Beklagte mit, dass für den Einzelfall anerkannt werde, dass feiertagsbedingt auch eine längere als 72-stündige Speicherdauer notwendig sein könne. Abgesehen von diesen Sonderfällen sei jedoch nicht ersichtlich, warum eine längere Speicherung der Videoaufzeichnungen notwendig sein könnte. Die Klägerin verwies daraufhin in weiteren Schreiben auf die Aufklärung von Schadensfällen, die durch eine kürzere Speicherdauer erheblich erschwert würde. Zudem sehe die Datenschutzgrundverordnung keine starren Löschfristen vor. Sie versicherte, für die Zukunft eine Speicherdauer von 10 Tagen einzurichten.

Die Beklagte ordnete gegenüber der Klägerin an, die Speicherdauer der Videoaufzeichnungen so zu beschränken, dass in der Regel 72 Stunden nicht überschritten würden. Für den Fall der nicht, nicht vollständigen oder nicht fristgemäßen Umsetzung werde ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 EUR angedroht. Zur Begründung führt die Beklagte im Wesentlichen aus: Die grundsätzlich durch die Klägerin vorgenommene Videoüberwachung der nachgewiesenen Erfassungsbereiche werde auf Grundlage von Art. 6 Abs. 1 Buchstabe f) der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) nicht beanstandet. Jede Videoüberwachung greife aber in das Grundrecht der betroffenen Personen ein, selbst über die Preisgabe und Verwendung ihrer personenbezogenen Daten zu bestimmen, und tangiere darüber hinaus auch das Grundrecht am eigenen Bild. Videoüberwachungsmaßnahmen wiesen eine hohe Eingriffsintensität auf, da es sich in aller Regel um verdachtslose Eingriffe handele, bei denen zahlreiche Personen in den Wirkungsbereich einbezogen würden, die in keiner Beziehung zu einem konkreten Fehlverhalten stünden und den Eingriff durch ihr Verhalten nicht veranlasst hätten. Videoaufzeichnungen seien daher unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Erreichung der Zwecke, für welche sie erhoben worden seien, nicht mehr notwendig seien. Es gebe zwar keine gesetzliche Regelung, welche starre Löschfristen vorsehe, der Verordnungsgeber stelle aber auf die Notwendigkeit der Speicherung ab. Innerhalb von ein bis zwei Tagen dürfte grundsätzlich abgeklärt sein, ob eine Sicherung des aufgezeichneten Materials notwendig sei. Unter Berücksichtigung der datenschutzrechtlichen Grundsätze der Datenminimierung und Speicherbegrenzung sollte eine Löschung regelmäßig nach 48 Stunden erfolgen. Beziehe man arbeitsfreie Zeiten am Wochenende mit ein, sei eine Speicherung bis zu 72 Stunden hinnehmbar. Für Feiertagsabwesenheiten sei ausnahmsweise auch eine längere Speicherdauer zulässig. Über diese Fälle hinaus sei aber nicht ersichtlich, warum die Klägerin eine über 72 Stunden hinausgehende Speicherdauer benötige. Insbesondere stelle die in der Vergangenheit festgestellte Schadenshöhe der Klägerin keine hinreichende Begründung für eine Speicherdauer von zehn Tagen dar. Die getroffene Regelung sei geeignet, die Videoüberwachung und Aufzeichnungsauswertung in einem datenschutzrechtlich zulässigen Rahmen zu ermöglichen. Sie sei zudem erforderlich und angemessen.

Die Klägerin hat gegen den Bescheid Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: Zur Organisation in ihrem Kleinbetrieb sei eine feste Angabe zur Speicherdauer unerlässlich, da die Sichtung des Videomaterials nur dem dazu befugten Geschäftsführer bzw. Vorstand obliege.

Dem Gesetz, im spezifischen auch der DSGVO, ließen sich keinerlei zeitliche Angaben zur Dauer einer Datenspeicherung entnehmen. Es mangele demnach schon an einer Rechtsgrundlage für die von der Beklagten getroffene Anordnung. Die SB-Tankstelle sei eine Einrichtung zur Aufrechterhaltung des öffentlichen Verkehrs und damit ein Betrieb im Bereich der Daseinsvorsorge, sodass sie als öffentliche Einrichtung im Sinne des BDSG anzusehen sei. Nach Art. 17 DSGVO und § 24 Abs. 1 Nr. 2 BDSG sei eine längere Speicherung möglich. Schließlich könne sie sich auch auf Art. 6 Abs. 1 Buchstabe f) DSGVO berufen. Keine dieser Vorschriften mache zeitliche Vorgaben zur Speicherdauer.

Die Videoaufzeichnung diene verschiedenen Zwecken. Diese Zwecke rechtfertigten eine längere Speicherdauer. So sei sie als Betreiberin einer Tankstelle einem erheblichen Risiko ausgesetzt, dass Kunden getankten Treibstoff nicht bezahlen. Die Aufklärbarkeit entsprechender Fälle sei in 72 Stunden nicht zu gewährleisten. Oftmals sei es auch so, dass erst nach Ablauf von drei Tagen Kunden behaupten würden, ihre Karte sei zu Unrecht belastet worden und sie hätten ihr Fahrzeug nicht an der Tankstelle betankt. Fälle, in denen ein Betanken trotz Belastung der Karte bestritten werde, kämen etwa vier bis fünf Mal im Monat vor. Im schlimmsten Fall wären jährlich Schäden in Höhe von 60.000,00 EUR zu erwarten. Zur Durchsetzung ihrer Kaufpreisansprüche sei sie auf die Videoaufzeichnungen angewiesen. Zudem sehe sie sich Rückabwicklungsansprüchen über § 812 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ausgesetzt. Sowohl zur Durchsetzung entsprechender zivilrechtlicher Ansprüche aber auch zur Verteidigung gegen solche sei sie beweisbelastet. Hierfür diene die Videoaufzeichnung als Beweismittel. Zivilrechtliche Ansprüche verjährten regelmäßig erst nach drei Jahren. Für den entsprechenden Zeitraum sei sie sodann grundsätzlich zur Datenspeicherung berechtigt.

Die Videoüberwachung diene zudem der Aufklärung von Vandalismus- und Sachbeschädigungsfällen. Im Tankstellenbetrieb seien jährlich Beschädigungen in Höhe von rund 10.000,00 EUR festzustellen. Den Aufzeichnungen komme daher eine wichtige Aufklärungsfunktion zu.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg, da sie nicht begründet ist. Der streitgegenständliche Bescheid und der Kostenfestsetzungsbescheid sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die datenschutzrechtliche Beschränkung zur Speicherdauer, die Aufforderung zur Bestätigungsanzeige und auch die Zwangsgeldandrohung sind rechtlich nicht zu beanstanden.

Speicherdauer: Die Anordnung der Beklagten, die Aufzeichnungen der klägerischen Videoüberwachung in der Regel auf 72 Stunden zu beschränken, ist rechtmäßig. Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Beschränkung zur Speicherdauer der Videoaufzeichnungen ist Art. 58 Abs. 2 Buchstabe f) DSGVO. Demnach kann die Aufsichtsbehörde eine vorübergehende oder endgültige Beschränkung der Verarbeitung, einschließlich eines Verbots, verhängen, was die Beklagte mit der Beschränkung der Speicherdauer der Videoaufzeichnung getan hat.

Fundstellen: Urteil des VG Hannover vom 13.03.2023, Az.: 10 A 1443/19 – abrufbar im Internet beispielsweise unter: https://www.mk.niedersachsen.de/startseite/service/rechts_und_verwaltungsvorschriften/voris/-88457.html