Zulässigkeit anlassloser Mitarbeiterscreenings

Aufgrund der EU-Antiterror-Verordnungen und den darin enthaltenen Bereitstellungsverboten sehen sich viele Unternehmen dazu gezwungen, anlasslose Anti-Terror-Mitarbeiterscreenings durchzuführen und ihre Beschäftigten turnusmäßig mit den Namenslisten der entsprechenden Verordnungen abzugleichen. Doch ist dies rechtens?

Mit der Zulässigkeit dieser Vorgehensweise hat sich der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (LfDI) Rheinland-Pfalz anlässlich einer Anfrage der Industrie- und Handelskammer auseinandergesetzt und veröffentlicht das Ergebnis in seinem 28. Tätigkeitsbericht vom 01.10.2020 wie folgt:

Die Anti-Terror-Verordnungen enthalten selbst keine Regelungen bezüglich der Verarbeitung von personenbezogenen Daten im Rahmen von Mitarbeiterscreenings. Sie ordnen lediglich an, dass den in einschlägigen Listen genannten natürlichen und juristischen Personen sowie Organisationen keine wirtschaftlichen Ressourcen bereitgestellt und ihnen gegenüber keine Leistungen erbracht werden dürfen. Dies schließt auch die Auszahlung von Lohn, Gehalt oder anderen vermögenswirksamen Leistungen ein (Bereitstellungsverbot).

Die einschlägige Rechtsgrundlage für anlasslose Anti-Terror-Mitarbeiterscreenings ist vielmehr § 26 Abs. 1 S. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Dieser normiert, dass personenbezogene Daten von Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses unter anderem dann verarbeitet werden dürfen, wenn dies für die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung erforderlich ist. Zu diesen Zwecken gehören auch regelmäßige Entgeltzahlungen an Beschäftigte.

Anlasslose Listenabgleiche aufgrund dieser Rechtsgrundlage sind jedoch nur dann zulässig, wenn sie auch im Rahmen dieses Zweckes erforderlich sind. Eine Erforderlichkeit ist immer dann gegeben, wenn die personenbezogenen Daten für die Aufgabenerfüllung des Verantwortlichen unabdingbar sind. Dies ist wiederum der Fall, wenn die Aufgabe ohne die Kenntnis der Information nicht, nicht rechtzeitig, nur mit unverhältnismäßigem Aufwand oder nur mit sonstigen unverhältnismäßigen Nachteilen erfüllt werden kann.
Einen solchen unverhältnismäßigen Nachteil für den Fall, dass ein Listenabgleich nicht erfolgt, stellen die in den Straf- und Bußgeldvorschriften des Außenwirtschaftsgesetz (AWG) in Aussicht gestellten Sanktionen bei Zuwiderhandlung dar. Die Höhe dieser Sanktionen hängt davon ab, ob von einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verwirklichung eines entsprechenden Bußgeldtatbestandes ausgegangen wird.

Vorsatz setzt voraus, dass der Arbeitgeber Kenntnis davon hat, dass einer seiner Mitarbeiter auf einschlägigen Listen geführt wird. Für die Beurteilung des Merkmals der Fahrlässigkeit ist auf die Kenntnis des Arbeitgebers bezüglich der Möglichkeit des Eintritts der Tatbestandsverwirklichung abzustellen. Es ist zu prüfen, in welchem Maße der Arbeitgeber auf die anlasslosen Anti-Terror-Mitarbeiterscreenings angewiesen ist, um die Möglichkeit der Tatbestandsverwirklichung überhaupt zu erkennen. Dieses dürfte in kleinen und mittelgroßen Betrieben, in welchem der Geschäftsführer oder sonstige vertretungsberechtigte Organe dazu in der Lage sind, das Verhalten ihrer Mitarbeiter zu beobachten und daraus Schlüsse auf eine mögliche Zugehörigkeit zu terroristischen Netzwerken zu schließen, eher gering sein. In Großkonzernen hingegen, die von einer diffizilen und schwer überblickbaren Unternehmensstruktur geprägt sind, dürften regelmäßige Screenings die einzige Möglichkeit für die im Sinne des AWG Verantwortlichen sein, den Vorwurf der fahrlässigen Begehungsweise entfallen zu lassen, da ihnen aufgrund der Tatsache, dass sie unmöglich jeden einzelnen Mitarbeiter persönlich kennen können, keine anderen Anhaltspunkte zur Verfügung stehen, um die möglicherweise bestehende Zugehörigkeit zu terroristischen Netzwerken beurteilen zu können.

Ähnlich verhält es sich auch mit dem Abgleich der Anti-Terror-Listen zur Erlangung oder Aufrechterhaltung des Status eines „zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten“ (Authorised Economic Operator – AEO) im Sinne des Unionszollkodex (UZK) und der Erteilung eines AEO-Zertifikates.

Wie die Nachweisführung zu erfolgen hat, ist in den verschiedenen europäischen Rechtsakten nicht geregelt. Jedoch verlangt die Bundeszollverwaltung zwingend einen regelmäßigen Abgleich des in sicherheitsrelevanten Bereichen eingesetzten Personals gegen die Anti-Terror-Listen. Auch hier geschieht der Listenabgleich zu Zwecken des Beschäftigungsverhältnisses, da es sich um Unternehmen handelt, die für den Bereich des grenzüberschreitenden Warenverkehrs bestimmte Erleichterungen bei der Abwicklung ihrer Tätigkeit, wie sie mit den AEO-Zertifikaten verbunden sind, in Anspruch nehmen wollen und die Erteilung dieser Zertifikate von Sicherheitsvorkehrungen in Form einer Überprüfung das Personals abhängig gemacht wird.

Die Erforderlichkeit des Listenabgleichs kann bejaht werden, weil bei stark vom internationalen Handel abhängigen Verantwortlichen der Verzicht auf eine AEO-Zertifizierung zu erheblichen Nachteilen im Wettbewerb führen kann, die im Einzelfall existenzgefährdende Ausmaße annehmen können. Ohne Zertifizierung ist die Zollabwicklung mit einem deutlich höheren Aufwand verbunden, sodass Unternehmen mit hohem Zollumschlag ohne Zertifizierung kaum am Markt bestehen können.
Unter Zurückstellung von Bedenken ob des rasterfahndungsartigen Charakters der Anti-Terror-Mitarbeiterscreenings kann dieses auch im zweiten Fall auf § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG gestützt werden, obgleich es nach Ansicht des LfDI wünschenswert wäre, dass der Gesetzgeber eine diesbezügliche explizite Regelung schafft.

Da es sich bei den in Rede stehenden Listenabgleichen um Eingriffe hoher Intensität handelt, ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dadurch erhöht Rechnung zu tragen, dass Screening-Maßnahmen auf das absolut erforderliche Minimum beschränkt werden. Dies kann durch die Wahl eines angemessenen großen Intervalls bewerkstelligt werden. Auch hier sind wieder die unternehmensspezifischen Besonderheiten zu beachten. Sofern im Einzelfall kein konkreter Anlass besteht, ist ein jährlicher anlassloser Abgleich nicht zu beanstanden. In sicherheitsrelevanten Bereichen, beispielsweise der Rüstungs- oder Atomindustrie, sowie bei erhöhter Risikolage kann allerdings eine engmaschigere Prüffrequenz angezeigt sein.

Ein Abgleich aller der in der Terrorliste enthaltenen Daten mit den im Unternehmen vorliegenden Beschäftigtendaten ist aber nicht angezeigt. Abgeglichen werden sollten ausschließlich diejenigen Daten, die zur eindeutigen Identifizierung eines Beschäftigten unbedingt notwendig sind. Dies sind in aller Regel der Vor- und der Nachname. Lediglich im Falle eines konkreten Verdachts oder bei Zweifeln an der Identität einer Person, beispielsweise bei übersetzungsbedingten abweichenden Namensschreibweisen, kann ein Abgleich weiterer Identifikationsmerkmale angezeigt sein.

Aufgrund der erhöhten Eingriffsintensität und um dem Grundsatz der Datenminimierung Rechnung zu tragen, ist es sinnvoll, die Listenabgleiche unternehmensintern vorzunehmen, damit ein weiterer Übermittlungsvorgang an einen das Screening durchführenden Dienstleister vermieden wird. Wird ein solcher eingeschaltet, handelt es sich um eine Auftragsverarbeitung, welche sich an den in der DSGVO niedergelegten Anforderungen messen lassen muss.

Fundstelle: Kapitel 7.5 „Zulässigkeit anlassloser Mitarbeiterscreenings“ des 28. Tätigkeitsberichts (2019) des LfDI Rheinland-Pfalz vom 01.10.2020 – abrufbar im Internet unter https://www.datenschutz.rlp.de/fileadmin/lfdi/Taetigkeitsberichte/ds_tb28.pdf